Chronische Schmerzen: anhaltende körperliche Beschwerden
Chronische Schmerzen (körperliche Beschwerden) betreffen mittlerweile 1.000.000 Menschen in Deutschland. In den USA haben chronische Schmerzen sogar zu der sogenannten „Opioidkrise“ geführt. Aufgrund des Mangels an Behandlungen und Hilfen griffen hier mehr und mehr Menschen zu abhängig machenden Opiaten, um ihre Schmerzen irgendwie zu bewältigen und wurden damit ohne es oft zu wissen zu Drogenabhängigen mit fatalen Folgen.
Aber auch in Deutschland und weltweit greifen Menschen zu Medikamenten, um ihre Schmerzen zu lindern. An sich eine gute Sache, doch was, wenn es chronisch wird und die Schmerzen über Monate oder Jahre hinweg andauern? Oder, noch schlimmer, was wenn die Schmerzmedikation nicht greift oder auch zu anderen Schäden im Körper führen wie Magengeschwüre, Leber- und Nierenschäden etc.?
Der folgende Artikel soll Ihnen eine neue Sichtweise auf ihre Schmerzen schenken und Ihnen dabei helfen zu erkennen, wie Schmerz entsteht und wie wir aus chronischen Schmerzen wieder herausfinden. Da ich selbst 2 Jahre unter chronischen Kopfschmerzen litt weiß ich genau wie hilflos und bedroht man sich dabei fühlt. Doch es gibt einen Weg hinaus.
Chronische Schmerzen verstehen
Zuallererst müssen Sie verstehen was Schmerz ist und wo er produziert wird.
Schmerz entsteht nicht an der Körperstelle, die schmerzt, sondern im Gehirn. Schmerz ist ein Warnsignal, das das Gehirn aussendet, wenn unser Körper in Gefahr ist und Schaden nimmt. Der Schmerz soll verhindern, dass noch mehr Schaden entsteht.
Fassen wir z.B. auf eine heiße Herdplatte, ist es nicht die Hand die den Schmerz auslöst, sondern das Gehirn. Ein Kind, dass noch nicht weiß, dass heiße Herdplatten dem Körper schaden, wird durch das Schmerzsignal, dass das Hirn aussendet, lernen, diese nicht mehr anzufassen. Brechen wir uns ein Bein ist es ähnlich:
Das Gehirn produziert einen Schmerzreiz im Bein, wenn wir versuchen sollten weiter laufen zu wollen. Es möchte uns schützen, indem es uns mitteilt: „Hey, du solltest dein Bein jetzt schonen, damit ich den Heilungsprozess in Gang bringen kann.“
Das Gehirn und der Körper lernen permanent
Der Körper und das Gehirn sind erstaunlich. Sie heilen nahezu alles. Und wenn etwas irreparabel ist, finden sie neue Wege, um die Funktionalität und damit das Überleben des Körpers zu sichern. So entwickeln blinde Menschen erstaunliche Tast- oder Hörfähigkeiten. Aber auch Menschen, die ein Bein verlieren entwickeln starke Muskulatur im anderen Bein. Ganze Hirnareale können von neuen Fähigkeiten übernommen werden.
Wenn das Gehirn auf Gefahr programmiert ist entstehen chronische Schmerzen
Wenn Schmerz also nur ein Warnsignal für weiteren Schaden ist, dann müssten chronische Schmerzen also bedeuten, dass der Körper ständig in Gefahr ist, neuen Schaden zu bekommen. Richtig? Und genau hier liegt der Fehler. Chronische Schmerzen sind eine Fehlprogrammierung im Gehirn. Chronische Schmerzen entstehen dann, wenn wir einen Schmerz haben und aus irgendeinem Grund Angst bekommen, dass dieser Schmerz nicht mehr geht oder auch die Befürchtung haben (und damit wieder Angst), dass etwas Schlimmes dahinter stecken könnte.
Solange das Gehirn Gefahr wahrnimmt, wird es dann ein Schmerzsignal schicken, auch wenn die eigentlich Ursache für den Schmerz, schon behoben ist. Normalerweise kann das Gehirn und der Körper Verletzungen in 6 Wochen heilen. Nach Operationen dauert es vielleicht auch mal 6 Monate. Aber danach hat der Körper meist einen Weg gefunden mit der beschädigten Stelle einen neuen Weg zu finden oder sie auch gänzlich zu heilen.
Das Problem ist jedoch, solange wir glauben wir sind nicht heil, solange wird uns unser Gehirn auch das Signal schicken, dass wir es nicht sind. Und was bleibt sind Schmerzen. Oft sogar täglich.
Warum habe ich chronische Schmerzen entwickelt?
Das genau zu erklären ist hoch individuell. Manche wachsen auf mit dem Mind-Set, dass Krankheiten gefährlich sind, da die Eltern immer stark darauf reagiert haben. Manche haben aber auch einfach zu oft von Ärzten gehört, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Oft sind auslösende Situationen mit einem erhöhten Stress verbunden wie z.B. bei einer Trennung, Tod, Wohnortwechsel, Krankheit von Angehörigen, Probleme im Job, mit der Familie, etc.
Doch auch wenn die stressige Situation vorbei ist, bleiben die Schmerzen bestehen. Das Gehirn hat die vorliegende Angst, die aus der Stresssituation kam mit dem Schmerzenden Körperteil (oder auch mehreren Körperteilen) verbunden und da wir dann glauben etwas ist körperlich nicht in Ordnung bekommen wir noch mehr Angst und laufen von Arzt zu Arzt.
Je mehr Ärzte desto mehr Diagnosen
Bestimmt haben Sie auch die Erfahrung gemacht, dass egal zu welchem Arzt Sie gingen, er immer eine Erklärung für ihre Schmerzen hat. Am Ende hatten Sie dann 5 oder mehr Erklärungen, doch keine Behandlung schlug an. Vielleicht wurden die Schmerzen sogar schlimmer? Warum? Weil die Ursachen bei chronischen Schmerzen in den meisten Fällen darin liegt, dass der oder die Betroffene Angst hat. Angst vor den Schmerzen, Angst vor den Ursachen und Angst vor den Folgen.
Die Wahrheit ist bei den meisten Betroffenen: Sie sind völlig gesund. Ja es wurden Zufallsfunde gemacht wie Bandscheibenprotrusionen, Arthrose, etc. aber diese Befunde findet man auch bei 50% der Gleichaltrigen, die keine Schmerzen haben. Dies sind meist Alterserscheinungen, die auch bereits in jüngeren Jahren auftreten. Nur bevor man keine Schmerzen hat, prüft man es nicht.
Die Diagnose zu erhalten, es stimmt etwas nicht, führt dann dazu, dass wir in ein Schonverhalten gehen, oder aber auch mit Angst trotzdem alles machen aber jederzeit erwarten, dass der Schmerz wiederkommt oder schlimmer wird. Und siehe da: es passiert auch!
Teufelskreis chronischer Schmerzen
Ein Klassiker bei diesen Erkrankungen ist auch die Fibromyalgie. Eine Erkrankung mit Schmerzen am ganzen Körper. Und die Botschaft der Ärzte lautet: es gibt keine Heilung. Na wer würde da nicht Angst bekommen? Das Problem ist, dass diese Angst genau der Auslöser für die Schmerzschübe ist. Und da unser Gehirn immer auf der Suche nach einer Lösung ist, ist es permanent damit beschäftigt Auslöser und Ursachen für die Schmerzen zu finden. Diese Suche ist aber ein ständiger Ausdruck von Angst.
Es ist als würde das Gehirn hinter jeder Ecke, bei jeder Bewegung, bei jedem Essen, bei jedem „falschen“ Verhalten aber auch bei jeglichen Stressoren eine Gefahr sehen, einen Säbelzahntiger der uns auffressen könnte. Und so reagiert es mit einer ständigen Angst- und Schutzreaktion: Schmerzen. Sämtliche Versuche auf die Schmerzen mit Entspannung, Schonung oder welchem Verhalten auch immer zu reagieren, um die Schmerzen loszuwerden verstärkt wiederum den Fokus auf die Schmerzen und gibt de Gehirn damit das Signal: wir sind in Gefahr.
Und wenn ein oder mehrere Körperteile in Gefahr sind, sendet das Gehirn weiter Schmerzsignale in diese Bereiche. Je mehr wir in Panik deswegen geraten, desto stärker wird dann der Schmerz. Es ist ein Teufelskreis, aus dem man nur ausbricht, wenn man verstanden hat was wirklich die Ursache ist.
Wer dies einmal bei sich beobachtet und festgestellt hat, kann erleichtert aufatmen: Die Suche nach der Ursache ist vorbei. Und: du kannst ab jetzt alles machen was du willst. Es ist nicht gefährlich.
Die Schmerzen werden nicht über Nacht verschwinden, aber je weniger wir mit Panik auf sie reagieren, desto mehr lernt das Gehirn die Alarmanlage abzuschalten. Es braucht ein gutes Fundament an Wissen, Training und Geduld. Aber es gibt einen Weg heraus. Auch für Dich.
Hier findest du einen Online-Fragebogen auf Englisch, mit dem du herausfinden kannst, ob auch du unter Schmerzen leidest die eigentlich angstbasiert sind.
Auch findest du auf dieser Seite viele wertvolle Videos und Anleitungen, wie du mit dieser neuen Erkenntnis umgehen kannst. Ich freue mich, dass du den Weg hierher gefunden hast.
Hier kannst du einen kostenlosen Onlinekurs von Dr. Howard Schubiner machen und noch mehr in das Verständnis chronischer Schmerzen eintauchen.
Zusammenfassung Ursachen und Therapie chronischer Schmerzen
Schmerz entsteht im Gehirn – nicht im Körper
Schmerz ist ein Alarmsignal. Er wird nicht direkt in dem Körperteil erzeugt, das schmerzt, sondern im Gehirn. Wenn du zum Beispiel auf eine heiße Herdplatte fasst, ist es dein Gehirn, das den Schmerz auslöst – nicht deine Hand. Der Schmerz soll dich schützen und verhindern, dass weiterer Schaden entsteht.
Der Körper kann fast alles heilen
Unser Körper ist unglaublich anpassungsfähig: Blinde Menschen entwickeln einen stärkeren Tastsinn. Menschen mit Amputationen bauen neue Muskulatur auf. Selbst das Gehirn kann sich neu organisieren. In der Regel heilt der Körper Verletzungen in 6 Wochen – nach Operationen dauert es oft etwas länger.
Ursachen chronischer Schmerzen – eine Fehlprogrammierung im Gehirn
Wenn Schmerzen über Monate oder Jahre bestehen bleiben, obwohl die ursprüngliche Verletzung längst verheilt ist, sprechen wir von chronischen Schmerzen. Die Ursache liegt dann nicht mehr im Gewebe, sondern im Nervensystem und Gehirn.
Es gibt aber auch chronische Schmerzen ohne oder mit unklarem klinischem Befund. Auch hier liegt eine Fehlprogrammierung im Gehirn vor.
Chronische Schmerzen durch Angst
Oft beginnt alles mit einer akuten Verletzung oder einer stressigen Lebenssituation. Wenn du dabei Angst entwickelst, dass der Schmerz bleibt oder etwas Ernstes dahintersteckt, speichert dein Gehirn diese Angst in Verbindung mit dem Schmerz. Es sendet weiter Warnsignale – auch wenn keine Gefahr mehr besteht.
Chronische Schmerzen sind oft eine Fehlinterpretation des Gehirns
Solange du glaubst, dass du nicht gesund bist, bleibt das Schmerzsignal aktiv. Die Folge: tägliche Schmerzen, ohne dass organisch etwas falsch ist.
Typische Auslöser: Warum entwickeln Menschen chronische Schmerzen?
Die Ursachen chronischer Schmerzen sind vielfältig, aber häufig gibt es wiederkehrende Muster:
Kindheit und Erziehung
Wenn Krankheiten in deiner Kindheit dramatisiert wurden, kann sich früh ein ängstliches Körperbild entwickeln.
Stress und traumatische Ereignisse
Krisen wie Trennung, Jobverlust, Todesfälle oder familiäre Konflikte, aber auch ein gehäuftes Vorkommen geringfügiger Stressoren können zu emotionalem Stress führen, der das Nervensystem überlastet.
Diagnose-Schock
Wenn du von Ärzt:innen erfährst, dass etwas „nicht stimmt“, entsteht oft Angst – selbst wenn die Befunde harmlos sind (z. B. Bandscheibenvorwölbung, Arthrose).
Dauerhafte Angst und Schonverhalten
Du beginnst, deinen Körper zu beobachten, vermeidest Bewegungen oder belastest dich mit Sorgen. Das Gehirn lernt: „Gefahr = Schmerz“. So entsteht ein Teufelskreis, aus dem viele Betroffene nicht mehr allein herausfinden.
Die Wahrheit ist: Du bist nicht kaputt. Dein Gehirn ist nur fehlalarmiert.
Therapie chronischer Schmerzen: Der Ausweg ist möglich
Es gibt einen Weg aus chronischen Schmerzen – auch für dich.
Was du tun kannst:
- Verstehe den Schmerz: Wissen ist Macht. Wenn du begreifst, dass der Schmerz eine Schutzreaktion ist, kannst du das System entlarven.
- Beobachte deine Reaktionen: Angst, Schonverhalten, Katastrophendenken – all das füttert den Schmerz.
- Lerne, deinem Körper zu vertrauen: Du darfst dich wieder bewegen. Dein Körper ist nicht zerbrechlich.
- Geduld & Übung: Dein Nervensystem muss umlernen. Das braucht Zeit – aber es ist möglich.
Behandlung chronischer Schmerzen – neue Wege entdecken
Die klassische Schmerztherapie mit Medikamenten oder Spritzen hilft oft nicht dauerhaft, weil sie nicht die wahre Ursache angeht – das überreizte Alarmsystem im Gehirn. Besser: neuroplastische Therapieansätze, die auf Erkenntnissen aus der Psychoneuroimmunologie und Schmerzforschung beruhen.
Fazit: Du kannst wieder schmerzfrei leben
Chronische Schmerzen sind heilbar. Nicht durch Ignorieren, nicht durch Tabletten, sondern durch ein neues Verständnis. Die wichtigste Botschaft ist:
Du bist nicht kaputt. Du bist sicher. Und du kannst wieder gesund werden.
Mit dem richtigen Wissen, Training und Geduld kannst du dein Nervensystem umprogrammieren und zurück in ein schmerzfreies Leben finden. Chronische Schmerzen sind kein Schicksal – sie sind veränderbar.
Liste chronischer Schmerzsyndrome, die auf Fehlinterpretationen des Gehirns beruhen
- Fibromyalgie
- Beschreibung: Weit verbreitete Schmerzen in Muskeln und Gelenken, oft begleitet von Müdigkeit, Schlafstörungen und Konzentrationsproblemen.
- Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS / ME)
- Beschreibung: Extreme Erschöpfung, die durch Ruhe nicht besser wird. Oft verbunden mit Schmerzen, neurologischen Symptomen und Belastungsintoleranz.
- Reizdarmsyndrom (IBS)
- Beschreibung: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung – ohne organische Ursache.
- Chronischer Spannungskopfschmerz
- Beschreibung: Tägliche, dumpfe Kopfschmerzen ohne eindeutige körperliche Ursache.
- Migräne (chronisch)
- Beschreibung: Häufige Migräneattacken mit Licht- und Geräuschempfindlichkeit. Bei vielen spielt Stress oder Angst eine zentrale Rolle.
- Temporomandibuläres Schmerzsyndrom (CMD / Kiefergelenkschmerz)
- Beschreibung: Schmerzen im Kieferbereich, oft ausgelöst durch Stress, Zähneknirschen oder Fehlwahrnehmung von Gefahr durch das Nervensystem.
- Chronischer Rückenschmerz
- Beschreibung: Anhaltende Rückenschmerzen ohne strukturellen Befund. Oft verbunden mit Angst vor Bewegung (Kinesiophobie).
- Chronische Nackenschmerzen
- Beschreibung: Nacken- und Schulterschmerzen, oft stressbedingt und angstassoziiert.
- Interstitielle Zystitis / chronische Blasenschmerzen
- Beschreibung: Schmerzen im Blasenbereich ohne Infektion – oft durch Angst oder Trauma ausgelöst.
- Chronische Prostatitis / Beckenschmerzsyndrom
- Beschreibung: Urologische Schmerzen bei Männern, häufig ohne bakterielle Ursache.
- Vulvodynie / vestibuläre Schmerzen
- Beschreibung: Chronischer Schmerz im äußeren Intimbereich bei Frauen, ohne medizinische Erklärung.
- CRPS (Complex Regional Pain Syndrome) Typ 1
- Beschreibung: Schmerzsyndrom nach Verletzung, obwohl die Verletzung längst verheilt ist. Das Nervensystem überreagiert dauerhaft.
- Nicht-kardialer Brustschmerz
- Beschreibung: Brustschmerzen, die nicht vom Herzen ausgehen – oft verursacht durch Stress, Verspannungen oder Angst.
Erfahren Sie mehr zum Ablauf der Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen bei der Psychotherapeutin Sarah Schwemin.
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